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Unternehmernachfolge: Die Angst vor der ungewissen Zukunft
„Wehe, wehe, wenn ich auf das Ende sehe“ aus dem Zauberlehrling. In welchem Zusammenhang steht Goethes Gedicht mit der Unternehmensnachfolge? Unternehmer sind energische, energiegeladene Persönlichkeiten. Meist mehr als die Hälfte ihres Lebens haben diese „Schaffer“, Gestalter, erfolgreich ihr Unternehmen geführt. Ihr Hirn sagt, dass sie beizeiten an die Unternehmernachfolge denken sollten. Aber was blockiert die meisten, die Unternehmensnachfolge tatsächlich rechtzeitig zu planen?
Wieso fällt eigentlich die Unternehmernachfolge so –unendlich- schwer?
Die Vision von der Zukunft, getrieben von Energie, Tatendrang, Mut und Entschlossenheit lässt Unternehmer erfolgreich sein. Sie scheuen kein Risiko, ohne dabei Zocker zu sein. Sie wissen, dass sie unsicheres Terrain betreten müssen, wenn sie im ständigen Kampf um Marktanteile dauerhaft überleben wollen. Blut, Schweiß und Tränen gehören zum Geschäft. Wenn das Unternehmen boomt, ist das genügend Kompensation für all ihre Mühe. Die Vision für den erfolgreichen Fortbestand des Unternehmens endet häufig mit der Aufgabe einer geordneten Unternehmensnachfolge. Dieser notwendige Zeitpunkt bedeutet den Point of no Return.
Welche Ängste blockieren den Unternehmer am meisten?
Die Ungewissheit über die Zeit nach dem aktiven Unternehmerdasein stellt sich immer wieder als das Haupthindernis dar, die Unternehmernachfolge beizeiten beherzt in Angriff zu nehmen. Horrorvorstellung für Akteure, die mit beiden Beinen im Leben stehen, ist,
- nicht mehr täglich die erste Geige zu spielen
- nicht mehr gebraucht zu werden
- „zu verwelken wie eine Blume“
- den „Anfang vom Ende“ zu erleben.
Sollten somatische, körperliche, altersbedingte Zipperlein in diese anstehende Phase der Unternehmensnachfolge fallen, erschweren diese zudem noch die Entschlossenheit des Seniors, sein Unternehmen in jüngere Hände übergeben zu müssen.
Diese hinderliche Gemengelage hilft auch meist der verständnisvollen Familie nicht weiter, die mit dem Unternehmer die Zukunft des Familienunternehmens schon häufig in der Vergangenheit diskutiert hat. „Der Alte blockt halt, wenn es um das Thema geht“, gestand ein ambitionierter, durchaus talentierter Sohn eines Klienten.
Welcher Impuls setzt die Unternehmernachfolge in Gang?
Alleinige Entscheidungen von solcher Tragweite schieben auch die ganz harten Zeitgenossen immer wieder vor sich her. Unverbindliche Gespräche mit der Familie beim sonntäglichen Tee auf der Terrasse oder mit Freunden beim Golfspiel bleiben ohne Wirkung. Die wohlmeinenden Gesprächspartner haben möglicherweise in der Vergangenheit immer wieder den Fokus auf die Unternehmensnachfolge gelenkt. In die Tiefe ließ der Unternehmer jedoch die meist theoretischen Überlegungen nicht kommen. Es sind oft äußere Impulse, die Anlass für den Senior sind, sich mit der Nachfolge zu beschäftigen. Gute Freunde fallen plötzlich zeitweise oder gar für immer aus. Die eigene Gesundheit „stolpert“. Die eigenen Kinder erklären, dass sie für eine Unternehmernachfolge nicht zur Verfügung stehen werden.
Solche Botschaften verstärken den inneren Druck und bergen die große Gefahr in sich, dass der Unternehmer sich durch die vermeintliche Ausweglosigkeit lebenslänglich mit dem Unternehmen verbandeln muss.
Externe Hilfe könnte ein probater Weg aus der Sackgasse sein (siehe "Weiterführende Literatur"). Sie hilft, die Perspektive des Unternehmers auf die Unternehmernachfolge zu verändern. Ein Berater bringt die nötige „coolness“, die emotionale Distanz zum Unternehmer mit, die dem Akteur selbst fehlt, weil sein Unternehmen und er quasi eins sind. Mit diesem externen „Neutrum“ lässt sich auch besser über Ängste, Sorgen, Zweifel sprechen, die die eigene Situation aber auch die an dem Übergang des Unternehmens in jüngere Hände betreffen.
Warum beginnt die Unternehmernachfolge mit dem Prozessende?
Ist der Weg zur beschlossenen Unternehmensnachfolge erst einmal frei von emotionalen Barrieren, nimmt der rein organisatorische Prozess ohne nennenswerte Hindernisse auf dem Weg zur Übergabe seinen Lauf (siehe auch diesen Artikel). Mit folgender Metapher lässt sich gut beschreiben, wie das Ziel der Unternehmensnachfolge erfolgreich gemeistert wird. Der Segler, hier der Unternehmer, beherrscht das Seglerlatein aus dem EffEff, er kennt sein Boot, er weiß auch, wie seine „Schale“ allen widrigen Winden und Untiefen trotzt. Zusammen mit dem Berater wird ein Masterplan – der ideale Zielkurs- erstellt. Idealerweise kann dieser Berater auch auf ein Expertenteam in Sachen Unternehmensnachfolge zurückgreifen. Dieses Ensemble sorgt für klaren Blick nach vorne. Das Wohl von Unternehmen, Unternehmer und der Unternehmerfamilie dabei stets im Blick.
Steht erst einmal der Masterplan mit allen Details für eine Unternehmensnachfolge, kann auch gezielt nach dem geeigneten jungen Nachfolger gesucht werden. Das Heil liegt nicht unbedingt im Verkauf des Betriebes. Vielleicht gibt es ja auch eine talentierte Führungskraft aus den eigenen Reihen, der der Unternehmer sein Vertrauen schenkt, die Geschicke des Unternehmens in die Hand zu nehmen. Auch die Möglichkeit, dass eines der Kinder des Unternehmers früher oder später dann doch den „Laden“ übernehmen will und kann, kann durch ein versiertes Expertenteam besser als durch den Unternehmer selbst geprüft und erkannt werden.
Welche Erkenntnis ebnet nun die erfolgreiche Prozedur der Unternehmernachfolge?
Emotionales Jojo-Spiel des Unternehmers ist die Hauptbremse in Sachen Unternehmensnachfolge. Wenn dieses ausgeschaltet ist, wenn der Blick nach vorne, weit über die Unternehmensnachfolge hinaus, geklärt ist, kann eine klare Konzeption, ein Masterplan, erstellt und umgesetzt werden. Das Hauptanliegen des abgebenden Unternehmers ist in der Regel der Wunsch nach Sicherheit für ihn selbst, seine Familie und last but not least sein Lebenswerk – das Unternehmen - .
Autor: Georg-W. Moeller, Verbund der beratenden Unternehmer, sowie Business Coach IHK München- und Oberbayern, Mentor, Führungskräftetrainer mit Schwerpunkt auf mittelständische Unternehmernachfolge, Implementierung in neue Aufgabengebiete, Konfliktmanagement.
Mehr Informationen und Beiträge zu diesem brisanten Unternehmerthema finden Sie hier.
Weiterführende Literatur:
Georg-W. Moeller, Bernd Friedrich: Unternehmernachfolge als Punktlandung. Die sensible und wichtige Rolle des Beraters. In: NWB-BB (Betriebswirtschaftliche Blätter des NWB) Nr. 3/2018, S. 83.
Foto: Pixabay
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