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Mitarbeiterentwicklung als Innovationsstrategie (2): Das Leitbild
„Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“: 1980 führte der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt (1918 - 2015) diesen verbalen Hieb im Rahmen einer Bundestagsdebatte gegen Willy Brandt und dessen politische Ideen. In den vergangenen 20 Jahren habe ich diesen Spruch mindestens einmal jährlich von einem Geschäftsführer oder Vorstand zu hören bekommen. Meist mit einem Lachen in den Augen. Dabei ist die Unternehmensvision ein wichtiger Schlüssel für den Unternehmenserfolg.
Von der Wichtigkeit einer Vision und eines Leitbildes
Vielen ist nicht bewusst, dass das „Ziel hinter dem Ziel“ – die Unternehmensvision – ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg ist. Ich habe die unterschiedlichsten Unternehmen kennengelernt: Die einen haben Vision und Mission (nur) auf Papier, die anderen haben keine Verschriftlichung, aber leben ihre Vision bewusst vor, weil es „ungeschriebene Gesetze“ gibt, an die sich alle halten. Und dann gibt es noch diejenigen, die „so etwas nicht brauchen“.
Aber für den, der nicht weiß, wo es hingehen soll (damit sind auch Führungsmannschaft und Mitarbeitende gemeint), ist „kein Wind der richtige“. Oft müssen Umsatz oder Ertrag als Vision herhalten – das ist aber zu kurz gedacht.
Wo steht das Unternehmen jetzt, wo will es hin?
Beginnen Sie mit einer Bestandsaufnahme. Es gibt da verschiedene Möglichkeiten. Wichtig ist die Einbeziehung der Mitarbeitenden und damit die Akzeptanz der Ergebnisse. Eine Methode finden Sie in einem meiner Folgebeiträge. Fixieren Sie alles schriftlich und bildlich und entwickeln Sie Ihre Unternehmensvision mit Ihrer Mannschaft.
Leben Sie Ihre Vision und Ihr Leitbild vor
Eine Begebenheit werde ich nie vergessen, da eine kleine Ursache eine große Wirkung erzielte. Was war passiert? In einem Workshop hatten Geschäftsführer und Führungskräfte eines mittelständischen Unternehmens ihre Werte überarbeitet. Es gab schon vieles im Hochglanzformat, aber wir wollten das Ganze ja „ins TUN bringen“. Also frage ich die Teilnehmer immer nach praktischen Beispielen.
Als wir zum Punkt „Ehrlichkeit“ kamen, der unbedingt im Skript mit drin sein sollte, wusste keiner so recht ein Beispiel. Also ließ ich mir etwas einfallen: „Stellen Sie sich vor“ wandte ich mich an den Leiter der Buchhaltung, „einer ihrer Kunden zahlt versehentlich eine Rechnung zweimal. Sie finden das erst nach Monaten heraus, der Kunde hat es nicht bemerkt und wird es wahrscheinlich auch nicht mehr merken.“
Ich konnte förmlich sehen, wie es in den Köpfen der Teilnehmer arbeitete. Ich schob nach: „Sie haben in Ihrem Leitbild den Wert Ehrlichkeit stehen. Müssen Sie als Bereichsleiter Finanzen jetzt zum Chef gehen und ihn fragen, ob Sie das Geld zurück überweisen können?“ Ein Raunen ging durch die Runde. Der Angesprochene antwortete (unter beifälligem Nicken der Kolleginnen und Kollegen in der Runde): „Eigentlich muss ich den Chef nicht fragen, denn wenn wir „Ehrlichkeit“ in unserem Leitbild haben, gilt das ja nicht nur nach Innen, sondern auch nach Außen zu unseren Kunden“.
Manchmal kann ich ein Erbsenzähler sein und so frage ich: „Was meinen Sie mit „eigentlich?“ Bevor mir der Bereichsleiter antworten konnte, fiel ihm der Geschäftsführer ins Wort: „Weil wir es eigentlich gut brauchen könnten!“ Ich lachte, weil ich dachte, es handelt sich um einen Scherz. Am verzagten Lachen der Teilnehmer erkannte ich dann aber, dass da wohl mehr dahinter steckt. Im Verlauf des Workshops hat sich das dann auch bestätigt – der Geschäftsführer meinte es so.
Wenn Werte nur auf dem Papier stehen
Was war die „große Wirkung“, die ich am Anfang erwähnte? Von acht Führungskräften waren nach zwei Jahren nur noch vier im Unternehmen. Das bedeutet fürs Grundsätzliche: Wenn Werte nur auf dem Papier stehen und nicht gelebt oder gar bewusst missachtet werden, wird das „Mitarbeiter binden“ ganz schwer und das „Mitarbeiter finden“ wird zur täglichen Aufgabe. Und was bedeutet es für Sie und Ihr Unternehmen? Machen Sie Ihre Vision und Ihr Leitbild durch Ihr Auftreten nach innen und außen sichtbar (Kommunikation mit Mitarbeitern, Kunden und Geschäftspartnern, CI, PR etc.) und leben Sie es vor.
Oft ist es sinnvoller, mit wenigen Aussagen oder sogar Stichpunkten zu starten und in der Praxis die Ernsthaftigkeit zu beweisen, als langwierige Definitionsprozesse vorzuschalten, die dann im Alltag nicht umgesetzt werden.
Coverbild: Bild von Peggy und Marco Lachmann-Anke auf Pixabay
Die Reihe "Mitarbeiterentwicklung als Innovationsstrategie:
Teil 1: Mitarbeiterentwicklung generell
Teil 3: Veränderungsprojekte
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