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Unternehmensverkauf XXXI: „Der Familienbeirat – Neutralität und Kompetenz auch im Übergabeprozess“
„Wenn Familie zum Unternehmen wird – und das Unternehmen zur Familie“
Stellen wir uns folgende Szene vor:
Ein traditionsreiches Familienunternehmen steht vor der Übergabe. Zwei Kinder sind interessiert, die dritte Tochter will nicht in die Firma, fühlt sich aber trotzdem verantwortlich. Der Senior schwankt zwischen Stolz und Sorge, die Ehefrau möchte vor allem den Familienfrieden wahren. Jeder hat gute Argumente – und alle reden durcheinander.
Genau an dieser Stelle kann ein Familienbeirat den entscheidenden Unterschied machen. Er schafft Struktur, verleiht Neutralität und bringt die Kompetenz ein, die in der Dynamik zwischen Emotionen, Tradition und Zukunftsperspektiven oft fehlt.
Was ist ein Familienbeirat – und warum braucht man ihn?
Ein Familienbeirat ist ein Gremium, das sich in vielen erfolgreichen Familienunternehmen etabliert hat. Sein Zweck: den Dialog zwischen Gesellschaftern, operativer Geschäftsführung und der Familie zu moderieren – besonders im Übergabeprozess.
Seine Rolle ist weder rein formal noch nur symbolisch. Vielmehr bietet er eine neutrale Plattform, um:
- Konflikte zu entschärfen, bevor sie eskalieren,
- Nachfolgeentscheidungen mit Sachlichkeit zu begleiten,
- die Balance zwischen Familieninteressen und Unternehmenslogik zu sichern.
Gerade in der Nachfolgephase, wenn Emotionen und ökonomische Fragen untrennbar miteinander verbunden sind, kann der Familienbeirat ein Stabilitätsanker sein.
Zusammensetzung: Wer gehört hinein?
Die richtige Besetzung entscheidet über Erfolg oder Scheitern.
- Familienmitglieder, die nicht aktiv im Unternehmen tätig sind, können die Sicht der „stillen Anteilseigner“ vertreten.
- Externe Experten bringen Fachkompetenz ein: Juristen, Steuerberater, Coaches, Wirtschaftsprüfer oder erfahrene Unternehmer.
- Unabhängige Moderatoren können als Vorsitzende fungieren, um Machtkämpfe zu verhindern.
Wichtig: Die Mischung aus Vertrautheit (Familie) und Neutralität (Externe) macht den Unterschied.
Aufgaben des Familienbeirates im Übergabeprozess
Ein Familienbeirat übernimmt nicht die operative Führung, wohl aber zentrale Begleitfunktionen:
- Moderation von Familiengesprächen – wenn Emotionen hochkochen, sorgt der Beirat für Struktur.
- Prüfung der Nachfolgerqualifikation – sachliche Diskussion über Ausbildung, Erfahrung und Eignung der Kandidaten.
- Überwachung von Vereinbarungen – damit Regeln nicht nur beschlossen, sondern auch eingehalten werden.
- Brückenfunktion zwischen Generationen – Vermittler zwischen Senior- und Juniorgeneration.
- Wahrung der Langfristperspektive – statt kurzfristiger Interessen steht die Zukunftsfähigkeit im Vordergrund.
Praxisbeispiel: Der Beirat als Schiedsrichter
Ein mittelständisches Unternehmen aus Süddeutschland stand vor der Entscheidung: Soll der Sohn die Geschäftsführung übernehmen, obwohl er noch kaum Berufserfahrung hatte? Die Geschwister zweifelten, der Vater wollte trotzdem übergeben.
Der Familienbeirat, besetzt mit zwei externen Experten und einem nicht operativ tätigen Onkel, stellte kritische Fragen:
- Ist der Sohn wirklich bereit?
- Welche Alternativen gibt es?
- Wie können alle Geschwister fair behandelt werden?
Das Ergebnis: Der Sohn startete zunächst als Co-Geschäftsführer mit klarer Begleitung durch einen externen Mentor. Die Übergabe wurde schrittweise vollzogen. Der Familienfrieden blieb erhalten, weil der Beirat neutral vermittelt hatte.
Herausforderungen – und wie man sie meistert
Natürlich ist ein Familienbeirat kein Allheilmittel. Typische Stolpersteine sind:
- Alibifunktion: Der Beirat wird zwar eingerichtet, aber nie ernsthaft einbezogen.
- Mangelnde Autorität: Empfehlungen verhallen, wenn sie nicht verbindlich verankert sind.
- Falsche Besetzung: Familieninteressen überwiegen, Neutralität geht verloren.
Die Lösung liegt in klaren Strukturen:
- Mandat und Aufgabenbereich müssen eindeutig festgelegt sein.
- Sitzungen sollten regelmäßig stattfinden, nicht nur im Krisenfall.
- Ergebnisse gehören protokolliert und verbindlich umgesetzt.
Erfolgsfaktoren eines wirksamen Familienbeirats
Damit ein Familienbeirat im Übergabeprozess echten Mehrwert stiftet, braucht es:
- Unabhängigkeit der externen Mitglieder, ohne familiäre Verpflichtungen.
- Kompetenzvielfalt – Fachwissen in Recht, Finanzen, Psychologie und Strategie.
- Klare Kommunikationswege innerhalb der Familie.
- Transparenz gegenüber allen Beteiligten, um Misstrauen vorzubeugen.
- Akzeptanz durch die Familie – ohne Vertrauen kein Erfolg.
Fazit:
Die Unternehmensnachfolge ist mehr als ein formaler Akt – sie ist ein emotionaler, finanzieller und strategischer Balanceakt. Ein Familienbeirat wirkt hier wie ein neutraler Schiedsrichter und kluger Ratgeber zugleich. Er bringt Sachlichkeit in emotionale Diskussionen, wahrt die Neutralität im Übergabeprozess und schafft eine Grundlage für nachhaltige Entscheidungen.
Richtig aufgestellt, sorgt er dafür, dass nicht alte Konflikte die Zukunft bestimmen, sondern Kompetenz, Neutralität und das gemeinsame Ziel: das Familienunternehmen erfolgreich in die nächste Generation zu führen.
Mein Tipp: Richten Sie einen Familienbeirat nicht erst dann ein, wenn Konflikte bereits offen ausgebrochen sind. Ein frühzeitig etablierter Beirat wirkt vorbeugend, schafft Vertrauen und sorgt für eine klare Struktur im Übergabeprozess. Achten Sie auf eine ausgewogene Zusammensetzung mit internen und externen Mitgliedern – und geben Sie dem Gremium die notwendige Autorität. So wird es zu einem echten Erfolgsfaktor für eine reibungslose und faire Unternehmensnachfolge.
Herzlichst, Ihr Wolfgang Bürger
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Autor:
Wolfgang A. Bürger
Rechtlich selbständiger Partner bei KERN, Unternehmensnachfolge. Erfolgreicher.
Verantwortlich für die Standorte Nürnberg und Würzburg
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