Unternehmensverkauf XXVIII: Die Nachfolgegeneration: Erwartungen und Qualifikationen

Unternehmensverkauf XXVIII: Die Nachfolgegeneration: Erwartungen und Qualifikationen

Deutschlands mittelständische Wirtschaft steht in den nächsten Jahren vor einer riesigen Herausforderung: viele, von Familienunternehmen geprägte Regionen, werden in den kommenden Jahren einen flächendeckenden Generationswechsel erleben. Die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer gehen in Rente, was den Personalmangel in der Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung ohnehin noch einmal verschärft. So drohen den Unternehmen neben dem grassierenden Fachkräftemangel obendrein auch ein handfester Unternehmermangel – keine rosigen Aussichten. 

Aber Totgesagte leben länger, sagen Sie? Vollkommen richtig und aktuell gibt es ja auch wieder richtig gute Nachrichten: Zahlreiche Branchen werden vom in Kürze verabschiedeten Konjunkturprogramm der zukünftigen Bundesregierung langfristig profitieren – die Auftragsbücher werden sich also langsam weiter füllen und das konjunkturelle Umfeld wieder stärker beleben. 

Bleibt also unsere beliebte KERN-Frage: wer werden die neuen Unternehmer und Nachfolger sein, die zukünftig den deutschen Mittelstand mit seinen zahlreichen Familienunternehmen führen werden?  

Wer soll mir überhaupt nachfolgen?

Nehmen wir einmal abseits aller Sachzwänge an, Sie hätten die freie Wahl - Dann sollten Sie sich als Inhaber aber zunächst selbst die Frage beantworten:

Soll es eine interne Nachfolge innerhalb der Familie, oder das Unternehmen an einen Mitarbeiter übergeben oder doch eher an einen externen Nachfolger, vielleicht auch eine Kombination aus Beidem werden?

Wie wichtig die Beantwortung dieser Frage ist, wird deutlich, wenn es darum geht zu verstehen, welche Rollen es in einem Unternehmen gibt. Zum besseren Verständnis folgt hier das Drei-Kreis-Modell nach Tagiuri und Davis. 

Auf die Rolle kommt es an: wer oder was bin ich und wenn ja viele?

Das Drei-Kreis-Modell zeigt die Dynamiken, Rollen und Probleme von Familie, Unternehmen und Eigentumsverhältnissen (Gesellschaftern) und hilft, die unterschiedlichen Interessen aller Beteiligten zu berücksichtigen. Es macht gleichzeitig auch deutlich, dass jede Unternehmerfamilie grundsätzlich mit den gleichen Herausforderungen konfrontiert ist und auch unterschiedliche, auf die jeweilige Situation angepasste Lösungsansätze entwickeln muss.

Unabhängig von der Rolle wird als Nachfolger gesucht: Na klar, die eierlegende Wollmilchsau!

Schließlich bestehen auch Erwartungen an die Qualifikationen des potenziellen Nachfolgers. Je nach Unternehmen und Branche können die nun folgenden Kompetenzen auch variieren: 

 Persönliche Eigenschaften:

  • Unternehmerisches Denken und Eigeninitiative
  • Belastbarkeit und Durchhaltevermögen
  • Innovationsgeist und Veränderungsbereitschaft

Fachliche Qualifikationen:

  • Branchen- und Marktkenntnisse
  • Digitale Kompetenzen und IT-Verständnis

Führungskompetenzen:

  • Strategische Planung und Vision
  • Verhandlungsgeschick

Erfahrungen und Weiterbildung:

  • Praktische Erfahrung im Unternehmen oder in anderen Unternehmen

Finanzielle und rechtliche Kenntnisse:

  • Verständnis für Unternehmensfinanzierung und Investitionen

Werte und Unternehmenskultur:

  • Identifikation mit den Unternehmenswerten
  • Respekt für die Unternehmenskultur und Tradition…usw.

Schauen wir uns nun die einzelnen Nachfolgevarianten im Detail an.

  1. Die interne Nachfolge: Familie und Mitarbeiter als Nachfolger

Die interne Nachfolge stellt eine der etabliertesten Methoden zur Übertragung eines Unternehmens dar. Dabei geht die Führung entweder an Familienangehörige oder an langjährige Mitarbeiter über. Ein entscheidender Vorteil dieser Vorgehensweise ist die Bewahrung der bestehenden Unternehmenskultur sowie der vertrauten Arbeitsprozesse. Übernehmen Familienmitglieder das Unternehmen, bringen sie häufig eine starke emotionale Verbundenheit und ein nachhaltiges Engagement mit, was zur Stabilität und Fortführung des Betriebs beiträgt. Ebenso sind langjährige Mitarbeiter durch ihre tiefgehende Kenntnis der betrieblichen Abläufe und Marktbedingungen in der Lage, den Geschäftsbetrieb ohne größere Unterbrechungen fortzuführen.

Ein zentraler Pluspunkt der internen Nachfolge ist das bereits bestehende Vertrauensverhältnis zwischen dem neuen Unternehmensleiter und der Belegschaft. Diese Vertrautheit kann den Übergang erleichtern und die Akzeptanz innerhalb des Teams fördern. Zudem entfallen die aufwendige Suche nach einer externen Führungskraft und deren langwierige Einarbeitung, da interne Kandidaten mit den spezifischen Strukturen des Unternehmens bereits vertraut sind. Dennoch erfordert eine erfolgreiche interne Nachfolge eine sorgfältige Planung, damit der neue Verantwortliche über die erforderlichen Kompetenzen und strategischen Fähigkeiten verfügt, um das Unternehmen in die Zukunft zu führen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die gezielte Entwicklung von Führungskräften innerhalb des Unternehmens. Durch Weiterbildung und Mentoring können potenzielle Nachfolger frühzeitig identifiziert und auf ihre künftigen Aufgaben vorbereitet werden. Dies trägt zu einer reibungslosen Übergabe bei und hilft, Konflikte oder Effizienzverluste während des Wechsels zu vermeiden. Insgesamt stellt die interne Nachfolge eine bewährte Strategie dar, insbesondere für familiengeführte Unternehmen und Betriebe mit einer loyalen und eingespielten Belegschaft.

  1. Die externe Nachfolge: Strategische Käufer und Finanzinvestoren

Bei einer externen Nachfolge wird das Unternehmen an externe Käufer veräußert, die entweder aus der gleichen Branche stammen oder als Finanzinvestoren agieren. Strategische Käufer sind meist Unternehmen, die durch den Erwerb ihre Marktstellung stärken oder ihr Geschäftsmodell erweitern möchten. Durch solche Übernahmen entstehen oft Synergieeffekte, die das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens fördern können. Finanzinvestoren, beispielsweise Private-Equity-Gesellschaften, stellen hingegen Kapital bereit und bringen Managementexpertise ein, um das Unternehmen gezielt weiterzuentwickeln und dessen Wert mit Blick auf einen späteren Weiterverkauf zu steigern.

Ein wesentlicher Vorteil der externen Nachfolge ist der Zugang zu zusätzlichen Ressourcen und neuen Netzwerken, die dem Unternehmen helfen können, seine Marktposition auszubauen. Strategische Käufer verfügen oft über fundierte Branchenkenntnisse und gut etablierte Vertriebsstrukturen, die das Unternehmen beim Wachstum unterstützen. Finanzinvestoren wiederum bieten finanzielle Mittel und strategische Expertise, um Geschäftsprozesse zu optimieren und den Unternehmenswert zu maximieren. Besonders für Unternehmen in einer Expansionsphase oder in dynamischen Märkten kann diese Art der Nachfolge eine attraktive Option sein.

Allerdings birgt die externe Übergabe auch Herausforderungen, insbesondere bei der Suche nach einem Käufer, der sowohl wirtschaftliche Interessen als auch die Unternehmenskultur und strategische Ausrichtung berücksichtigt. Zudem können durch den Einstieg eines externen Käufers Veränderungen in der Unternehmensführung oder kulturelle Differenzen entstehen, die sorgfältig gesteuert werden müssen. Finanzinvestoren verfolgen meist klare Renditeziele, die sich auf die zukünftige Unternehmensstrategie auswirken können. Daher sind eine umfassende Vorbereitung sowie eine professionelle Begleitung durch erfahrene M&A-Berater entscheidend, um eine erfolgreiche externe Nachfolge sicherzustellen.

  1. Mischmodelle: Teilverkauf und schrittweise Übergabe

Mischmodelle vereinen Elemente der internen und externen Nachfolge und bieten dadurch eine flexible Möglichkeit zur Unternehmensübergabe. Eine verbreitete Variante ist der Teilverkauf, bei dem ein Unternehmen teilweise an interne Nachfolger und teilweise an externe Investoren übergeht. Diese kombinierte Vorgehensweise ermöglicht es, sowohl das unternehmensspezifische Know-how und die Verbundenheit interner Nachfolger als auch die finanziellen Mittel und strategischen Impulse externer Investoren zu nutzen.

Ein weiteres Beispiel für ein Mischmodell ist die schrittweise Übergabe, bei der die Leitung des Unternehmens in mehreren Etappen übertragen wird. Dieses Modell entlastet den bisherigen Eigentümer und gibt dem Nachfolger die Gelegenheit, sich nach und nach in seine neue Rolle einzuarbeiten. Die gestaffelte Übergabe trägt dazu bei, potenzielle Risiken zu reduzieren und eine nachhaltige Integration der neuen Führung sicherzustellen. Zudem erlaubt sie eine flexible Anpassung an veränderte Marktbedingungen oder unternehmerische Anforderungen während des Übergangsprozesses.

Ein zentraler Vorteil von Mischmodellen besteht darin, dass sie individuelle Zielsetzungen und spezifische Bedürfnisse sowohl des Unternehmers als auch des Nachfolgers besser berücksichtigen können. So kann ein Teilverkauf beispielsweise zur Risikostreuung beitragen und die finanzielle Stabilität des Unternehmens absichern. Gleichzeitig unterstützt eine schrittweise Übergabe den Wissenstransfer und gewährleistet, dass das Unternehmen weiterhin in die gewünschte Richtung gesteuert wird. Insgesamt bieten Mischmodelle eine anpassungsfähige und maßgeschneiderte Lösung für die Nachfolgeplanung, die den jeweiligen unternehmerischen Gegebenheiten Rechnung trägt.

Merken Sie etwas? Dieser Newsletter Beitrag hat vor allem die Sichtweise des Übergebers beleuchtet – die eines potenziellen Nachfolgers ist jedoch mindestens von ebenso hoher Bedeutung und sollte dringend in Erfahrung gebracht werden.

Fazit:

Die Unternehmensnachfolge ist ein Prozess und kein Ereignis. Ausschlaggebend ist deshalb eine offene und frühzeitige Kommunikation, um einen erfolgreichen Nachfolgeprozess gestalten zu können. Aus dem Grund ist es wichtig, dass alle Beteiligten – sowohl die Nachfolgegeneration als auch die aktuelle Inhabergeneration – Erwartungen, Ziele und mögliche Bedenken aussprechen. Nutzen Sie dafür die Unterstützung eines neutralen, transaktionserfahrenen Mediators, der innerhalb eines auf Sie zugeschnittenen Familien-Workshops die wesentlichen Fragen moderiert. Dies dient nicht nur dazu, eine „unbelastete“ Sichtweise einzuholen, sondern garantiert auch einen strukturierten Ablauf für den individuellen Übergabeprozess Ihres Lebenswerkes.   

Herzlichst, Ihr Wolfgang Bürger

Sie haben Fragen zum KERN-Familien-Workshop-Format? Schreiben Sie mir gern - Ich freu mich auf Ihre Zuschriften per E-Mail an: 

Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Autor: 

Wolfgang A. Bürger

Rechtlich selbständiger Partner bei KERN, Unternehmensnachfolge. Erfolgreicher.

Verantwortlich für die Standorte Nürnberg und Würzburg

Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Handy: +49 178 6844 292



Kontakt

Verbund beratender Unternehmer e.V.
Adenauerallee 12-14
53113 Bonn
Telefon: +49 228 966985-19
E-Mail: vorstand@vbu-berater.de

© 2025 Verbund beratender Unternehmer e.V.

Suche