Letter of „What“? Der Letter of Intent, kurz auch „LoI“ genannt, ist ein Vorvertrag oder auch eine sogenannte Absichtserklärung, die zwischen einem Unternehmensverkäufer und dem Kaufinteressenten geschlossen wird. Er hält die wesentlichen (wirtschaftlichen) Bedingungen des Verkaufes fest, auf die man sich in Gesprächen und Verhandlungen geeinigt hat. Warum die Nutzung des LoI für beide Parteien im Prozess der Unternehmensnachfolge von Vorteil ist, obwohl er weitgehend rechtlich unverbindlich bleibt, wird in unserem heutigen Beitrag erklärt.
Doch zuvor noch ein kurzer Rückblick in unseren KERN-Nachfolgefahrplan, der verdeutlicht, wann der LoI verfasst werden sollte: Es ist die „Phase 4: Vorvertrag- und Abschluss“.
Dort heiß es: „Mit Kaufinteressenten, die in diese Phase vorrücken, ist sich der Verkäufer einig. Die „Chemie“ passt und auch in den weiteren sachlichen Fragestellungen gibt es keine Differenzen mehr, was mit der Erstellung einer Absichtserklärung bzw. dem Letter of Intent (LoI) zum Ausdruck gebracht wird.“
Verbindlichkeit ist angesagt
Der LoI ist zwar »nur« eine Absichtserklärung, hat aber eine nicht zu unterschätzende psychologische Wirkung. Denn Dieser Vorvertrag bringt die Ernsthaftigkeit und wesentlichen Eckpunkte der Verhandlungen zum Ausdruck. Ein wichtiger Bestandteil eines LoI ist daher die einvernehmliche Dokumentation des Verhandlungsstandes. Bei diesem Punkt kommt es öfter zu Missverständnissen, was bereits als vereinbart wahrgenommen wurde oder »eben nur mal angesprochen wurde«. Deshalb ist es wichtig, das geplante Vorhaben zu beschreiben und dessen Bestandteile genau zu definieren. Ein gut gemachter LoI dient aus diesem Grund auch der inhaltlichen Vorbereitung eines Kaufvertrags – er beinhaltet deshalb oft schon alle Themenbereiche und vereinbarten Regelungen beider Seiten, die später im Kaufvertrag niedergeschrieben werden. So beschleunigt er die Formulierung und Ausarbeitung eines Kaufvertrags und dient gleichzeitig auch als Zeitplan für die nächsten gemeinsamen Schritte: Durch die Definition wesentlicher Meilensteine vereinbaren die Parteien einen realistischen Zeitplan für die weiteren Verhandlungen. Dieser gemeinsam vereinbarte Zeitplan hilft, das Tempo zu halten oder sogar zu beschleunigen. Denn die Praxis-Erfahrung zeigt, dass mit zunehmender Projektdauer ein Scheitern des Firmenverkaufs wahrscheinlicher wird.
Der LoI definiert also das Kaufobjekt im Interesse beider Seiten möglichst klar und präzise.
Wesentliche Bestandteile eines LoI:
- Bezeichnung der Vertragspartner
- Interessenbekundung an der Durchführung der bezeichneten Transaktion
- Zusammenfassung bisheriger Gesprächsergebnisse (möglichst konkrete Preisdefinition oder Nennung eines Preiskorridors)
- Konkretisierung des Transaktionsvorhabens (wer kauft eigentlich was?), sowohl von Betrieb und/oder Besitz und weiterer Vermögensgegenstände
- Zeitplan (der Due-Diligence-Prüfung)
- Vollmachterteilung zugunsten einer das Kaufobjekt prüfenden Partei (z.B. im Rahmen einer Due Diligence)
- Befristungen, Bedingungen (z.B. Offenlegung der Finanzierungsstruktur des Käufers) und Vorbehalte
- Geheimhaltungsverpflichtung bzgl. der erhaltenen Informationen, Definition von Ausnahmen, ggf. Sanktionen bei Zuwiderhandlung (Konventionalstrafe)
- Herausgabe- bzw. Vernichtungsanspruch von erhaltenen Dokumenten
- Hinweis auf die fehlende Bindungswirkung des LoI
- Beendigungsgründe für die laufenden Verhandlungen
- Auslagenersatzregelungen (für Wirtschaftsprüfer, Gutachter, Rechtsanwälte usw.)
- Exklusivitätsklausel
Darüber hinaus haben Käufer und Verkäufer dennoch oft und nachvollziehbar unterschiedliche Anforderungen an die Inhalte einer Absichtserklärung.
Die Käuferziele bei der LoI-Erstellung
Der Käufer verfolgt mehrere Ziele bei der Erstellung des LoI. Die aus seiner Sicht wichtigsten sind:
- Options- und Beteiligungsregelungen: Im Fall von Beteiligungsverkäufen müssen Optionsregelungen oder Mitveräußerungsrechte und -pflichten bestimmt werden. Gerade Finanzinvestoren wollen oft trotz einer Minderheitsbeteiligung weitgehende Mitspracherechte bekommen.
- Fachliche Übergabe und Begleitung: Die weiterführende Begleitung durch den Verkäufer und die damit verbundenen Vertrags- und Vergütungsregelungen.
- Wesentliche Garantien der Verkäufer: In einem Kaufvertrag gibt ein Verkäufer standardgemäß eine Vielzahl von Garantien. Dazu gehört z. B. die
- ordnungsgemäße Gründung des Unternehmens, dass Gesellschaftsanteile frei von Rechten Dritter und die Verpflichtungen gegenüber den Sozial- und Steuerbehörden erfüllt sind. Wesentlich ist hier die Angemessenheit des Garantiekatalogs. In der Praxis erleben wir hin und wieder, dass Käufer unangemessene Garantieforderungen stellen, die Verkäufer noch viele Jahre nach der Transaktion haftbar machen. Solch unangemessene Garantien führen aufgrund des Vertrauensverlustes nicht selten zu einem Projektabbruch und sind häufig die Basis für teure und zeitintensive Konflikte nach Abschluss einer Transaktion.
- Wettbewerbsverbot: Ein Wettbewerbsverbot gehört in vielen Fällen auch zu den vom Verkäufer abgegebenen Garantien.
Die Verkäuferziele bei der LoI-Erstellung
Dem Verkäufer wiederum liegt am Festhalten u.a. der folgenden Punkte:
- Exit-Regelungen: In vielen Fällen bleibt der Verkäufer auch nach dem Unternehmensverkauf noch am Unternehmen beteiligt (oft mit einer Minderheit). In einem solchen Fall sind klare Regelungen für einen geordneten Ausstieg notwendig. Damit lassen sich Trennungs- und Bewertungsmechanismen für den Konfliktfall, aber auch ein nach einer bestimmten Übergangszeit geplanter vollständiger Rückzug des Unternehmers planen.
- Wesentliche Garantien der Käufer: Auch ein Unternehmensverkäufer erwartet Garantien von der Gegenseite. Die wichtigsten sind insbesondere der Finanzierungsnachweis und die Sicherstellung der Kaufpreiszahlung. Gerade Familienunternehmer wollen von Unternehmenskäufern auch eine Kontinuität und Zukunftsperspektive für ihr Lebenswerk sehen. Vor diesem Hintergrund sind Standort- oder Arbeitsplatzgarantien häufig ein Bestandteil von Garantiekatalogen.
- Verbindlichkeit der Transaktion: In vielen Fällen wollen Verkäufer die Gegenseite bei Abschluss des LoI und vor Beginn der Due Diligence in eine gewisse Verbindlichkeit bringen. So findet sich durchaus hin und wieder die Regelung, die finalen Kaufvertragsverhandlungen direkt nach Abschluss der Due Diligence zu beginnen. Voraussetzung dafür ist zumeist, dass die Due Diligence die vorher von den Verkäufern gemachten Angaben bestätigt und keine negativen Erkenntnisse ans Licht bringt.
- Strafbewehrte Geheimhaltung und Abwerbeverbot: Oftmals wurden bereits in der zu Beginn eines Projekts geschlossenen Vertraulichkeitserklärung strikte Vertraulichkeit und ein Abwerbeverbot vereinbart. Vor Beginn der Due Diligence einigen sich beide Seiten oft auf eine Verschärfung und Sanktionen bei Nichteinhaltung.
Einmal mehr gefragt: Augenmaß bei der Moderation der Ziele
Bei den Verhandlungen zum LoI empfiehlt sich immer ein gewisses Augenmaß zwischen den Parteien. Ziel beider Parteien sollte es sein, den wirtschaftlichen Rahmen der Transaktion ausreichend konkret zu umreißen. Dies beugt der späteren Feststellung beider Vertragsparteien vor, dass man inhaltlich doch deutlich auseinander liegt und eine Fortführung des Projekts nicht mehr sinnvoll erscheint. Gleichzeitig sollten die Regelungen des LoI nicht zu detailliert ausgestaltet sein und damit den eigentlichen Kaufvertrags-verhandlungen vorgegriffen werden.
Und so geht es weiter
Nach Zeichnung des LOI übermittelt der Kaufinteressent ein Anforderungsliste für die Käuferprüfung, die sog. Due Diligence (DD). Aus deren Ergebnissen ergeben sich evtl. weitere Nachverhandlungen über Kaufpreis und Garantien, die im eigentlichen Kaufvertrag, dem Sales and Purchase Agreement (SPA) vereinbart werden. In dieser Phase ist es zwingend erforderlich einen Rechtsanwalt mit Kenntnissen im Gesellschaftsrecht und M&A-Erfahrung hinzu zu ziehen.
Mein Praxis-Tipp:
Die Praxis zeigt, dass sich die moderierte Verhandlung einer Absichtserklärung oftmals lohnt. Ein transaktionserfahrener Moderator gestaltet die Gesprächsführung zielorientiert und unterstützt bei der Erstellung des LoI, um rechtliche und finanzielle Risiken auszuschließen. Gerade beim Verkauf von Familienunternehmen ist die Beachtung der emotionalen Bedürfnisse von Käufern und Verkäufern bereits in diesem Schritt besonders wichtig. Im M&A-Kontext enthält der LoI zudem zusätzliche Regelungen zur weiteren Vorgehensweise, Kostenübernahme und möglicherweise Exklusivität. Ein Non-Disclosure Agreement (NDA) wird oft parallel zum LoI verfasst, um die Vertraulichkeit der Verhandlungen sicherzustellen. Haben Sie weitere Fragen zum LoI oder anderen Faktoren im KERN-Nachfolgeprozess? Ich freue mich über Ihre Kontaktaufnahme
- Herzlichst, Ihr Wolfgang Bürger
Autor:
Wolfgang A. Bürger
Rechtlich selbständiger Partner bei KERN, Unternehmensnachfolge. Erfolgreicher.
Verantwortlich für die Standorte Nürnberg und Würzburg
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