Rein technisch betrachtet ist der Unternehmensverkauf eine wirtschaftliche und rechtliche Transaktion, bei der eine Firma oder eine Unternehmens-beteiligung ganz oder teilweise vom Verkäufer an einen Käufer verkauft wird. Für die meisten Unternehmer ist es jedoch ein hoch emotionaler Prozess, ihr Lebenswerk in andere Hände abgeben zu müssen. Deshalb ist es sinnvoll, den Unternehmensverkauf als einen ganzheitlichen, strategischen Prozess wahrzunehmen, an dessen Ende das Lebenswerk wirklich losgelassen und in die Hände familienfremder Personen übergeben werden kann. Aus unserer Erfahrung bei KERN ist das für die Mehrheit gestandener Unternehmer das „dickste berufliche Brett“.
Loslassen vom Lebenswerk braucht vor allem: Zeit
In aller Regel dauert schon die Entscheidung zum Verkauf mehrere Monate, oft sogar auch Jahre. Wen wunderts? Der Verkauf des eigenen Familienunternehmens bedeutet fast immer eine Lebensentscheidung für den Unternehmer und auch dessen Familie. Denn mit der Übergabe des Unternehmens geht meist auch ein Stück Familiengeschichte in fremde Hände über. Darüber hinaus ist das Unternehmen für die meisten Unternehmer und auch deren Familien ein zentraler Vermögensbestandteil. Und last but not least ist der Verkauf des eigenen Unternehmens für viele Unternehmer ein einmaliger Vorgang.
Strukturiertes Vorgehen hilft: Der KERN-Nachfolgefahrplan
„Erfolge müssen organisiert werden“, weiß schon der Volksmund. Um Missverständnisse auf allen Seiten auszuschließen und ein gutes Ergebnis für den Verkäufer, aber auch den Käufer zu erzielen, empfiehlt sich ein strukturiertes Vorgehen – nach dem KERN-Nachfolgefahrplan, der im Wesentlichen aus den nachfolgenden 5 Hauptphasen besteht.
Phase 1: Die Vorbereitung
In der Vorbereitungsphase sollten sich die Verkäufer nicht nur ein klares Bild davon machen, was genau verkauft werden soll, sondern den gesamten Prozess des Firmenverkaufes schon einmal vordenken. Denn je nach Art und Umfang des geplanten Verkaufs sind entsprechende Unterlagen im Voraus zusammenzutragen, zu sortieren und strukturieren und auch „empfängergerecht“ aufzubereiten.
Neben der Zusammenstellung der Dokumente sollte eine realistische, aussagefähige Unternehmensbewertung erstellt werden. Hierbei gibt es spezialisierte Bewerter, aber auch der vertraute Steuerberater kann unterstützend tätig werden. Worauf es dabei im Detail ankommt, können Sie auch in meinen Newsletter Beitrag No. X – „Gezielte Bilanzbereinigung kann Unternehmenswert erhöhen“ aus Juli 2023 erfahren.
Darüber hinaus empfiehlt es sich, eine repräsentative Darstellung des Unternehmens und des Geschäftsmodells in Form eines Exposés von einem professionellen Dienstleister anfertigen zu lassen.
Zeitlich sollten Sie sich in dieser ersten, entscheidenden Phase zwischen ein und vier Monaten reservieren, um gezielt alle relevanten Punkte aufbereiten zu können.
Phase 2: Die zielgenaue Käufersuche
Nach der Aufbereitung der beschriebenen Unterlagen im Rahmen der Vorbereitung beginnt der eigentliche Vertrieb: die zielgenaue Suche nach geeigneten Käufern. Denn das Motto „one-size-fits-all“ führt beim Unternehmensverkauf direkt in die Sackgasse. Je nach Art, Branche und Größe des Unternehmens müssen unterschiedliche Vertriebswege in Betracht gezogen werden, wie z. B. öffentliche und nicht-öffentliche Börsen, sonstige Plattformen und Netzwerke.
Da in einzelnen Branchen der Käufermarkt sehr überschaubar ist, spielen neben Börsen-Recherchen auch die Direktansprachen von Mitwettbewerbern, Investoren und weiteren Zielgruppen sowie verdeckte Suchen eine immer größere Rolle.
Branchen- und konjunkturbezogen kann die Käufersuche ebenso zwischen ein und vier Monaten Zeit in Anspruch nehmen.
Phase 3: Die Verhandlungen
Sobald eine erste Selektion der Kaufinteressenten als qualifizierte Übernehmerkandidaten stattgefunden hat, finden erste Gespräche mit diesen statt. Die in Phase 1 vorbereiteten Unterlagen und Informationen kommen nun zum Einsatz. An dieser Stelle zeigt sich: Je besser die Dokumente vorbereitet wurden, umso strukturierter und zielführender können die ersten Verhandlungen geführt werden.
Neben dem persönlichen Kennenlernen geht es bei diesen Gesprächen um zwei Kernaspekte – die menschliche und die sachlich/fachliche Passung sowohl für den Verkäufer als auch den potenziellen Käufer. Es geht um die Vorstellung beider Parteien zu Inhalt und Ergebnis der Transaktion, zu möglichen Vertragsgestaltungen sowie schlussendlich natürlich auch zum Verkaufspreis, der für beide Seiten akzeptabel sein sollte.
Wichtig: hören Sie nicht mit der Suche und den Verhandlungen auf, wenn Sie einen vermeintlich „passenden“ Käufer gefunden haben. Sprechen Sie in jedem Fall – sofern vorhanden – mit mehreren Interessierten. Dies hilft Ihnen, am Ende mit dem „richtigen“ Käufer die Umsetzung durchzuführen. Und sollte einer der Interessenten abspringen, müssen Sie den Prozess nicht bei 1 wieder starten.
Nehmen Sie sich auf jeden Fall zwei bis vier Monate Zeit, um klare und zielgerichtete Verhandlungen zu führen, und nicht in Hektik zu verfallen.
Phase 4: Vorvertrag- und Abschluss
Mit Kaufinteressenten, die in diese Phase vorrücken, ist sich der Verkäufer einig. Die „Chemie“ passt und auch in den weiteren sachlichen Fragestellungen gibt es keine Differenzen mehr, was mit der Erstellung einer Absichtserklärung bzw. dem Letter of Intent (LoI) zum Ausdruck gebracht wird.
Nach Zeichnung des LOI übermittelt der Kaufinteressent ein Anforderungsliste für die Käuferprüfung, die sog. Due Diligence (DD). In dieser Phase ist es zwingend erforderlich einen Rechtsanwalt mit Kenntnissen im Gesellschaftsrecht und M&A-Erfahrung hinzuzuziehen.
Die gesamten vorvertraglichen Regelungen münden nachfolgend im Kaufvertrag, der das Ergebnis sämtlicher Vorarbeiten ist. Hierfür können rund ein bis vier Wochen veranschlagt werden.
Neben dem Signing (dem Vertragsschluss) gibt es nachfolgend noch das Closing. Das Closing bezeichnet den wirtschaftlichen Übergang des Unternehmens und ist der Abschluss der Übergangsphase nach dem Signing. Innerhalb dieser Übergangsphase müssen alle für die Transaktion noch offenen Bedingungen (z.B. Zahlung des Kaufpreises) erfüllt werden. Bis zum Closing vergehen je nach Sachlage nochmals wenige Tage bis hin zu mehreren Monaten.
Auch wenn man sich schon auf der Zielgeraden wähnt, kann diese Phase immer noch bis zu sechs Monaten dauern. Verkaufsdruck, egal von welcher Seite, stört den Prozess nur. Trotzdem ist eine zielgerichtete Arbeit hin zum Notartermin abschluss-sichernd.
Phase 5: Die Übertragung
Gratulation zur erfolgreichen Transaktion – Jetzt kann das finale Kapitel Übertragung starten! Dabei werden häufig noch einmal die individuellen Werte und Motive der Beteiligten auf den Prüfstand gestellt. Nicht selten resultieren unterschiedliche Ansichten in Konflikten, die es nun zu bewältigen gilt. Fingerspitzengefühl ist gefragt.
Für den Übergeber zeigt sich, wie gut er das Lebenswerk loslassen kann. Erfahrungsgemäß gelingt dies umso besser, je klarer und positiver das Bild von der Zeit danach besetzt ist. Toleranz und Respekt gegenüber dem „Neuen“ und ein realistischer Blick auf die eigene Vergangenheit, helfen, um manchen kontraproduktiven Kommentar zu vermeiden.
Für den Übernehmer ist es jetzt an der Zeit, in die Verantwortung zu kommen und diese auch einzufordern. Dabei ist auch die Außenwirkung in die Belegschaft hinein zu berücksichtigen, denn Veränderung muss „verdaubar“ sein, sonst führt sie zu Widerständen. In dieser Phase, die vergleichbar mit einem chirurgischen Eingriff in das bisherige Leben des Unternehmens ist, sind vom Nachfolger Respekt und Empathie zugleich gefragt.
Je nach individuell vereinbartem Übergabe-Zeitraum kann es schnell gehen, z. T. aber auch durch die Einarbeitung des Käufers bis zu 12 Monate dauern.
Mein Praxis-Tipp:
In Summe dauert der Firmenverkauf vom Sammeln der Unterlagen bis zur abschließenden Übergabe an den Käufer mit unserem KERN-Nachfolgefahrplan zwischen sechs und 18 Monaten. Dennoch: Geben Sie sich ausreichend Zeit im gesamten Verkaufsprozess, um alle Schritte klar durchdenken und auch emotional durchleben zu können – Es ist schließlich ihr unternehmerisches Lebenswerk!
Autor:
Wolfgang A. Bürger
Rechtlich selbständiger Partner bei KERN, Unternehmensnachfolge. Erfolgreicher.
Verantwortlich für die Standorte Nürnberg und Würzburg
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