von Caroline Schliephake
Wenn im Maschinen- und Anlagenbau von Effizienz- und Profitabilitätssteigerung die Rede ist, fällt der Blick meist zuerst auf klassische Hebel: Automatisierung, Prozessoptimierung, neue Werkstoffe. Doch einer der wirkungsvollsten Ansätze liegt oft näher, als man denkt – bei den eigenen Kund:innen.
Kundenorientierung ist mehr als guter Service oder Reklamationsmanagement. Sie ist ein strategisches Prinzip mit messbarem Einfluss auf Umsatz, Kundenbindung und Zukunftsfähigkeit. Insbesondere in einem zunehmend standardisierten und globalisierten Marktumfeld kann der gezielte Fokus auf den Kundennutzen zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden.
Was bedeutet Kundenorientierung – jenseits von Vertrieb und Service?
Customer Centricity meint die konsequente Ausrichtung des gesamten Unternehmens an den Bedürfnissen und Erwartungen der Kundschaft – und das betrifft nicht nur Marketing, Vertrieb oder Kundenservice, sondern auch Produktentwicklung, Produktion, Logistik und Datenstrategie.
Der Nutzen ist nachweislich hoch: Studien belegen, dass kundenzentrierte Unternehmen überdurchschnittlich hohe Margen erwirtschaften, resilienter gegenüber Marktschwankungen sind und weniger Kundenabwanderung verzeichnen.
Warum gerade der Maschinenbau davon profitieren kann
Der Maschinenbau sieht sich zunehmend einem Wettbewerb gegenüber, in dem technische Unterschiede marginal und Preisvorteile schwer durchsetzbar sind – insbesondere im internationalen Vergleich. Werkstoffe sind genormt, Ausschreibungen definieren präzise Anforderungen, und Lieferländer mit niedrigeren Lohnkosten holen auch bei Qualität und Kundenservice auf.
Was bleibt als Differenzierung? Das „Wie“: Servicequalität, Prozessverständnis, partnerschaftliche Zusammenarbeit.
Die Stärke liegt künftig nicht (mehr) im Produkt allein, sondern in der Fähigkeit, die Welt der Kund:innen zu verstehen – ihre Herausforderungen, Abläufe, Entscheidungslogiken. Wer diese versteht, kann echten Mehrwert bieten: durch kluge Beratung, datenbasierte Services, gemeinsame Entwicklung neuer Lösungen und ein partnerschaftliches Verständnis auf Augenhöhe.
Fünf Fragen, die Unternehmen zur strategischen Kundenorientierung führen
- Wie gut verstehen wir die Prozesse, Probleme und Prioritäten unserer Kund:innen?
Tiefe Einblicke statt Annahmen – systematisch gewonnen, z. B. über Interviews, gemeinsame Workshops oder Customer-Journeys. - Wie schaffen wir es, Lösungen zu denken, die über das eigentliche Produkt hinausgehen?
Maschinen sind Teil eines größeren Ganzen – wo kann unser Unternehmen den Prozess des Kunden weiter verbessern? - Wie können wir unser technisches Wissen einsetzen, um die Innovationsfähigkeit unserer Kunden zu stärken?
Nicht verkaufen, sondern gemeinsam besser werden – das ist die neue Qualität der Kundenbeziehung. - Wie gestalten wir die Zusammenarbeit mit Kunden?
Partnerschaftsmodelle, Co-Creation und digitale Plattformen statt rein transaktionaler Beziehungen. - Wie machen wir Wissen und Daten teilbar?
Offenheit für gemeinsame Lernprozesse stärkt Vertrauen und Positionierung.
Customer Centricity in der Praxis: Erfolgsfaktoren
1. Beratung statt Standardangebote
Kund:innen suchen keine Maschinen – sie suchen Lösungen. Eine präzise Bedarfsanalyse und ein modularer Lösungsansatz helfen, relevanter zu werden.
2. Feedback systematisch nutzen
Rückmeldungen sind kein lästiger Nebeneffekt, sondern die wertvollste Quelle für Innovation und Optimierung. Digitale Tools helfen, Feedback zu strukturieren und in Prozesse zurückzuführen.
3. Datenbasiertes Entscheiden
Vom Vertriebsprozess bis zur Nachbetreuung: Wer versteht, wo Reibungspunkte auftreten, kann gezielt verbessern.
4. Interne Entlastung schafft Raum für Kundenfokus
Kundenzentrierung beginnt im Inneren. Mitarbeitende brauchen Freiraum für echtes Zuhören, Mitdenken und Gestalten.
Vorbildlich unterwegs: Unternehmen mit Kundenzentrierung als strategischem Anker
- ThyssenKrupp Materials: Kundenorientierung als Voraussetzung für nachhaltigen Markterfolg in der Metallverarbeitung. (siehe: https://www.thyssenkrupp-schulte.de/de/das-bewegt/prozessmanagement/kundenorientierung-in-der-metallverarbeitung)
- Flottweg SE: Denkt nicht nur in Maschinen, sondern in Prozessen – mit Fokus auf ganzheitliche Lösungen. (siehe: https://www.bayern-innovativ.de/emagazin/innovationsmanagement/detail/kundenzentrierung-bei-flottweg-se/)
- Bystronic: Strukturreform mit klarem Ziel: eine Organisation, die konsequent auf den Kunden ausgerichtet ist. (siehe https://www.blechonline.de/bystronic-mit-neuer-organisation-und-mehr-kundenorientierung)
- Atlas Copco (Scheugenpflug): Partnerschaft als Innovationsmotor – gemeinsam Verfahren weiterentwickeln, um die Wettbewerbsfähigkeit der Kunden zu steigern. (siehe: https://www.scheugenpflug-dispensing.com/ueber-uns)
Fazit: Kundenorientierung ist kein Zusatz – sie ist die Grundlage für nachhaltigen Erfolg
In einer Industrie, in der technische Exzellenz als Basis vorausgesetzt wird, entscheidet Kundenzentrierung über Differenzierung und Zukunftsfähigkeit. Wer Prozesse, Kommunikation und Lösungen systematisch an den Bedürfnissen der Kundschaft ausrichtet, baut langfristige Bindungen auf, erhöht die Wertschöpfung und reduziert das Risiko, austauschbar zu werden.
Kundenzentrierung ist keine Abteilung. Sie ist ein strategisches Betriebssystem.
Zusammenfassung für Entscheider:innen
- Kundenzentrierung ist ein strategischer Hebel für Margen, Kundenbindung und Innovationskraft.
- Im Maschinenbau entsteht Differenzierung zunehmend durch Prozessverständnis und partnerschaftliche Lösungen – nicht mehr nur durch Technik oder Preis.
- Unternehmen, die Kundennähe systematisch denken und umsetzen, gewinnen langfristig – im Markt wie im Kopf der Kundschaft.