Von X Ehemalige VBU-Partner auf Donnerstag, 30. August 2018
Kategorie: Strategie und Führung

ChefInnen im Doppelpack: Was macht Teilzeitarbeit in einer Führungsaufgabe so attraktiv?

Frauen suchen nach der Familienphase häufig eine neue Perspektive für die zweite Lebenshälfte. So um die vierzig Lebensjahre halten teils extrem gut ausgebildete, ehrgeizige Frauen Rückblick auf ihre berufliche Vergangenheit. Eine Vollzeitstelle kommt für sie nicht immer in Frage. Teilzeitarbeit wäre eine gute Alternative, das bislang erworbene Wissen, -die Erfahrungen- wieder aufzufrischen und zu nutzen. Doch wie steht der Arbeitsmarkt dazu, wenn Frauen Führungsverantwortung vornehmlich in Teilzeitarbeit übernehmen können oder wollen?

Wie wird Teilzeitarbeit in der Regel auf Chefetagen verstanden?

Alleine der generelle Blick in Deutschlands Chefbüros zeigt, dass trotz aller gesetzlichen Vorschriften bei Aktiengesellschaften Diversity in Sachen Führungsverantwortung auch in kleineren Unternehmen noch äußerst stiefmütterlich behandelt wird. Chef sein ist Männersache. So könnte die derzeitige Situation treffend analysiert werden. Umfragen des DIHT, der IHKs und renommierter Forschungsinstitute dokumentieren, dass Chef sein auch immer „volle Pulle“-Einsatz hinsichtlich zeitlichen Engagements bedeutet. Schon alleine aus dieser Beobachtung heraus ist Teilzeitarbeit für Chefs immer noch nicht vorstellbar. „Laue dreißig Stunden“ ziemen sich nicht für Verantwortung tragende Führungskräfte. Wieso eigentlich nicht?

Wer kommt für Verantwortung tragende Teilzeitarbeit eigentlich in Frage?

Alte Klischees zementieren die Ansicht, dass der Mann zumindest einer Familie der Haupternährer seiner Lieben zu Hause ist. Gut ausgebildet und mit einer gesunden Portion Ehrgeiz ausgestattet ist dem Mann von heute quasi in die Wiege gelegt, Karriere zu machen. Karriere ist eben mit vollem Einsatz verbunden. Dieser Einsatz betrifft den zeitlichen Aufwand genauso wie die Bereitschaft, erst den Beruf und dann die Familie zu sehen. Schon alleine eine nicht unübliche sechzig Stundenwoche belegt, dass für die Partnerschaft und Familie äußerst wenig Zeit bleibt. Teilzeitarbeit kommt angesichts eines üppigen Gehaltes, der social benefits und anderer Annehmlichkeiten durch den Arbeitgeber gar nicht erst in Betracht. Da Chefchefs ohnehin nach gleichem Strickmuster ticken, wundert es nicht, dass verantwortungsvolle Positionen beinahe ausschließlich von der männlichen Spezies abgedeckt werden. Muss das so sein und bleiben? Teilzeitarbeit wäre bei Ablegen der geschilderten Riten durchaus für die Männerwelt interessant, wenn sich in der Gesellschaft auch das Image einer leistungsstarken Führungskraft in Richtung Teilzeitarbeit ins Positive kehren würde. Was würde passieren, wenn die starke Männertruppe zugunsten ihres Privatlebens ein wenig weniger arbeiten und leistungswilligen, ambitionierten Frauen Teilhabe an ihrer Verantwortung für das Unternehmen einräumen würde? Frauen wären sicherlich bereit. Frauen sind gut ausgebildet, sie haben den Ehrgeiz, ihre Leistungsfähigkeit als Führungskraft unter Beweis zu stellen. Sie haben gewissermaßen Nachholbedarf, nach der Kinder- und Familienzeit aktiv in leitenden Positionen einzusteigen. Vollzeit kommt für die meisten nicht in Frage, wohl aber als Teilzeit im Jobsharing. Frauen haben häufig zu Hause im Privatleben auch noch die Rolle inne, Kindern weiter auf dem Wege ins Erwachsenenleben zur Seite zu sein und den Job als Sozialministerin auszufüllen. Auch der Haushalt regelt sich bekanntermaßen nicht von alleine, es sei denn, der dazu passende Partner kann Teile des Homemanagements übernehmen. Diese Doppelrolle der Frau verstärkt sich umso mehr, als diese Frau alleinerziehend zu Hause unterwegs ist. So ergibt sich zwangsläufig, dass diese Zielgruppe des  weiblichen Führungspotenzials lediglich in Teilzeitarbeit aktiv werden kann oder will.

Welche Bremsen müssen gelockert werden, um Teilzeitarbeit „hoffähig“ zu machen?

Jegliche Veränderung findet im Kopf statt. So muss auch in Falle dieser Neuorientierung Teilzeitarbeit auch für weibliche Führungskräfte im System unserer Arbeitswelt neu konzipiert werden. Die Gesellschaft weiß längst, dass das bestehende Vollzeitkonzept nicht mehr zukunftstauglich ist. Aber zwischen dem Wissen und der Akzeptanz besteht immer noch eine extreme Kluft. Sobald die führende Männerwelt verstehen lernt, dass sie zum eigenen Wohle und zum Vorteil des Unternehmens Führung in Teilen abgeben kann, ist der erste Schritt getan. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil einer Teilzeitarbeit in einer verantwortungsvollen Position ist die sozial-psychologische Komponente. Frau tickt anders als Mann. Dies ist eine Binsenweisheit und wird zwar anerkannt aber häufig im Arbeitskontext schmunzelnd als Banalität abgetan. Das ist ein Fehler! Führungsaufgaben haben in erster Linie etwas mit dem Einsatz von Mitarbeitern zu tun. Die Auswahl talentierter Mitarbeiter, deren Training, Motivation und Kontrolle wird ganz wesentlich von der unterschiedlichen Wahrnehmung von Mann und Frau positiv beeinflusst. Schon alleine im Falle des Konfliktmanagements zeigen sich in der Praxis immer wieder die enormen Vorteile für eine geschlechterübergreifende Beurteilung der Sachlage. Ebenfalls wertvoll ist die Frau am Arbeitsplatz, wenn unter einer großen Männerdomäne zu viele Hahnenkämpfe ausgetragen werden sollten.  Andersherum kann der Mann in einer kampfeslustigen Damenumgebung Frieden stiftend zur Seite sein. Im Wesentlichen hat die Teilzeitarbeit natürlich auch den enormen Vorteil, dass die „Instinkte“, aber auch Gedanken von Mann und Frau zu organisatorischen sowie planerischen Aufgaben eine erfolgversprechende Allianz für das Unternehmen ergeben könnten.

Last but not least würden beide Geschlechter bei einem ehrlichen Jobsharing mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten von einem deutlichen Mehrwert durch mehr freie Zeit für das Privatleben profitieren.

Wie sind die ersten Schritte zu einer zukunftssichernden Teilzeitarbeit einzuleiten?

Frauen verharren oft in den Rollenverständnissen ihrer Eltern während ihrer Kindheit. „Sei bescheiden“, „halte dich zurück“, „das ist nichts für Mädchen“ etc. Kaum zu glauben, aber wahr, wie tief diese Glaubenssätze in Frauen auch heute noch schlummern.   Frau von heute muss sich dieser Situation bewusst sein und bewusst aus diese Rolle heraustreten. Frauen haben die Power, die teils hervorragende Ausbildung, das Organisationstalent als Familienchefin und den Ehrgeiz, ab der Lebensmitte neu durchzustarten. Worauf warten? Ggf. hilft ein Karrierecoaching, Klarheit für eine neue berufliche Ausrichtung zu gewinnen. Die männliche Chefdomäne ist aufgefordert, Teilzeitarbeit grundsätzlich, aber zu alledem im Führungskreise als zukunftsweisende Alternative zum derzeitigen Arbeits- und Führungsmodell zu diskutieren. Wenn die Erkenntnis reift, dass die ambitionierte Frauentruppe ab dem vierzigsten Lebensjahr zukünftigen prognostizierten Führungskräftemangel vermeiden hilft, dass Frauen im Jobsharing der tendenziell überarbeiteten Männerwelt wertvolle Unterstützung im Job sein kann, öffnet sich eine völlig neue Tür zu mehr Lebensqualität. Die sich generell zunehmend verschärfenden Anforderungen an jeden einzelnen, besonders die Führungskräfte, können somit zum Wohle der Gesellschaft und jedes Individuums entkräftet werden. Internationale große Unternehmen hegen in der Abschaffung einzelner Büroräume für Führungskräfte zwar völlig andere Absichten, schaffen aber eine überlegenswerte Perspektive, wie auch räumlich Teilzeitarbeit für Führungskräfte gelingen kann.

Was bleibt von der Idee der Teilzeitarbeit für Führungskräfte?

Hier noch ein paar Gedanken zu meiner Arbeit für Sie als Coach:


Autor: Georg-W. Moeller, Unternehmerberater im VBU, Verbund der beratenden Unternehmer, sowie Business Coach IHK München- und Oberbayern, Mentor, Führungskräftetrainer mit Schwerpunkt auf mittelständische Unternehmernachfolge, Implementierung in neue Aufgabengebiete, Konfliktmanagement.

Mehr Informationen und Beiträge zu diesem brisanten Unternehmerthema finden Sie hier

Weiterführende Literatur:

Georg-W. Moeller, Bernd Friedrich: Unternehmernachfolge als Punktlandung. Die sensible und wichtige Rolle des Beraters. In: NWB-BB  (Betriebswirtschaftliche Blätter des NWB) Nr. 3/2018, S. 83.

Foto: Pixabay


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