Von Michael Starz auf Donnerstag, 02. September 2021
Kategorie: Mittelstand internationalisieren

Raus aus dem Silo – und rein ins Netz(-werken)

Netzwerken ist zum geflügelten Wort geworden, und angesichts der beiden Metaentwicklungen von Globalisierung und Digitalisierung die unabdingbare dritte Komponente im Bunde. Erstaunlich nur, in wie vielen Unternehmen auch heute noch diese Erkenntnis nicht durchdringt - und stattdessen Silo-Denken dominiert. Ein Unternehmen, das auch morgen noch am Markt erfolgreich sein will, aber kommt nicht umhin: Funktions- und bereichsübergreifendes Denken und Handeln sind gefragt, ja erforderlich – auch und vor allem im Einkauf und in internationalen Teams.

Über den Nutzen eines Silos - auch im Unternehmen

„Ein Silo oder Hochsilo ist ein großer Speicher für Schüttgüter. Silos werden zum Speichern von Zement, Kalksteinmehl, Kunststoffgranulat, Futtermittel und Ähnlichem verwendet“ – soweit die Definition in Wikipedia.

Der Nutzen eines Silos liegt in der Tat auf der Hand: zur Speicherung einer großen Menge gleichartiger Güter sind sie ausgezeichnet geeignet. Man ist sozusagen unter sich, hat angenehme Umgebungsbedingungen – fast so etwas wie ein Wohlfühlklima oder eine Komfortzone.

Dieses Bild lässt sich sehr leicht auf Organisationen in einer Firma übertragen: die klassische Aufbauorganisation hat, wie ein Silo, eine vertikale Struktur. In diesen „Organisationssilos“ der einzelnen Fachbereiche wie Vertrieb, Entwicklung, Einkauf, Produktion und anderen ist der jeweilige Bereich mehr oder weniger unter sich, und hat vorwiegend hierarchisch geprägte Berichts- und Kommunikationsabläufe. Man kennt sich untereinander, man kennt die eigenen Abläufe und hat die eigene Funktion sowie die Aufgabenstellungen innerhalb des Bereichs hervorragend organisiert.

Warum sollte man das ändern wollen, was daran ist falsch?

Die andere Seite der Medaille: Nachteile des Silos

Ebenso bildhaft gesprochen, hat ein Silo auch unübersehbare Nachteile. Selbst wenn alle Silos, als in sich geschlossener Organisationsorganismus, hervorragend optimiert sind, so ist das Ergebnis als Summe aller Silos einer Firma doch oft ungenügend oder sogar mangelhaft. Schon bei der Abstimmung gemeinsamer Ziele und bei der Bearbeitung der Aufgabenstellungen setzt ein kontraproduktives Phänomen ein – eben das Silodenken. Je größer eine Firma ist, je „besser“ ihre Aufbauorganisation strukturiert ist, umso größer ist die Tendenz zum isolierten Denken und Agieren – zum Silodenken. Drei Beispiele verdeutlichen dies:

Wenn Silo-Denken Misstrauen befördert

Diese negativen Auswirkungen des Silodenkens sind erst recht in internationalen Gruppen und Teams zu beobachten. Geradezu als Booster wirken hier die räumliche und zeitliche Distanz zwischen den Handelnden, sprachliche Barrieren und kulturell geprägte Verhaltensweisen, Denken in nationalen Kategorien - mit den daraus resultierenden Ressentiments (wir Deutschen, wir Franzosen, wir Chinesen) und die Zugehörigkeit zu rechtlich eigenständigen Firmen.

Aus der doch so soliden Aufbauorganisation wird sehr schnell eine Misstrauensorganisation: die linke Hand weiß nicht was die rechte tut, Informationen werden zurückgehalten, Kooperationen gibt es nur per Chef-Anweisung, die Niederlassung in Land X hält sich nicht an die Vorgaben der Zentrale im Land A.

Im Extremfall werden sogar externe Gesprächspartner - ja, sogar Kunden! - mit den unterschiedlichen (Silo-) Zuständigkeiten und deren nicht abgestimmten Sichtweisen konfrontiert.

Damit entstehen bei den Informationsflüssen Kamineffekte: die Geschäftsleitung erhält alle Einzelinformationen der verschiedenen Silos, hat aber einen immer größeren Koordinierungs- und Abstimmungsaufwand. Als Folge davon hat die Geschäftsleitung immer weniger Zeit für das Geschehen am Markt, da sie viel wertvolle Zeit mit Innenansichten und Klärungen verbringen muss. Schlussendlich werden alle Beteiligten vom eigentlichen Zweck unternehmerischer Tätigkeit abgehalten, mit allen denkbaren negativen Folgen.

Die moderne Organisation: Prozessorientierung und Netzwerken

Eine moderne Organisation hat zwar immer noch eine Aufbauorganisation, also eine Struktur. Die Abwicklung der Geschäftsvorfälle folgt jedoch horizontalen Strömen - sie ist prozessorientiert. Hier wird die Bedeutung der funktionalen Aufbauorganisation, der Abteilungen reduziert, gestärkt werden hingegen bereichsübergreifende Zusammenarbeit und die direkte, verantwortliche Kommunikation zwischen den Partnern im Prozess.

Damit wird ein Netzwerk von Experten aus den unterschiedlichen Kompetenzzentren geschaffen, das sich als agiles Projektteam dem Erfolg seiner gemeinsamen Aufgabenstellung verpflichtet fühlt. Die direkte Information sowie die Abstimmung über die Grenzen des Bereichs hinaus erhalten einen deutlich höheren Stellenwert als bereichsinterne „Management-Reports“. Das Netzwerk wird wichtiger als das eigene Silo, die Silofalle wird umgangen.

Wie unternehmensinternes Netzwerken gelingt!

Für die aufgezählten Beispiele bedeutet dies beispielsweise:

Summa summarum: Die Erfolgsfaktoren

Wesentliche Erfolgsfaktoren bei dieser Prozessorientierung im Netzwerk sind bereichsübergreifendes Denken der Beteiligten UND bereichsübergreifendes Handeln. Damit steigt auch bei jedem Einzelnen das Wissen über das, was der andere Bereich tut, und welche Auswirkungen sein eigenes Tun oder Unterlassen auf die Partner im Prozess hat. Im Gegensatz zu der zitierten Misstrauensorganisation sind dazu folgende Komponenten notwendig:

Im Mittelpunkt stehen die Sache, die gemeinsame Aufgabe und der gemeinsame Erfolg, aber nicht das eigene Silo. Die Geschäftsleitung, das Management haben dabei eine entscheidende Vorbild- und Ermunterungsfunktion.

Über den Autor

Michael Starz ist Betriebswirt (VWA), freiberuflicher Unternehmensberater und Geschäftsführer der VBU Akademie  und von ms pro:con Consulting, einer auf Beschaffung und Betriebswirtschaft spezialisierten Unternehmensberatung. Zudem ist er Partner und Ehrenrat im VBU, dem Verbund beratender Unternehmer.

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