Ist Fernberatung wirklich möglich? Fehlt dem Medium Telefon nicht körperliche Präsenz? Überlegen Sie mit uns, ob der Trend zum mobilen Arbeiten nicht neue Beratungsformen bedingt!

Durch „Telkos“ verdorben?

Wann hat sich Ihnen zuletzt jemand mit ungeteilter Aufmerksamkeit gewidmet? Wann hörte man jedem Ihrer Worte genau zu und achtete auf die Bewegung Ihrer Stimme? Und nahm wichtig, was Sie zwischen den Zeilen zu sagen scheinen? Bereits schon im Direktkontakt zur Seltenheit geworden, fehlt diese Aufmerksamkeit amTelefon erst recht. „Wir sind verdorben durch Telefonkonferenzen“, meint Kathrin Baumeister, Telefoncoaching-Fachfrau in München. In typischen Business-"Telkos" kritzeln manche Teilnehmer wie einst als Schüler zerstreut auf ihren Papieren herum, spielen unter dem Tisch mit ihren Handys oder erledigen themenfremde Nebenarbeiten. Wie kommt man angesichts dieser Situation darauf, speziell Telefoncoaching anzubieten?

Das Medium „Telefon“ neu denken

„Wir machen heutzutage viel zu viel nebenher“, sagt Kathrin Baumeister. „Konzentriert zu telefonieren, kann eine ganz neue Erfahrung werden. Im Grunde sollten wir lernen, die Erfindung ‚Telefon‘ neu wertzuschätzen“. Entsprechend bieten Telefoncoaches, die diese Einschätzung teilen, ein Setting an, welches in seiner Fokussiertheit auf Thema und Person fast etwas Meditatives hat. Miteinander einen exklusiven Arbeitsraum zu betreten und hellwach auf alles zu lauschen, was der Klient präsentiert, wird laut Baumeister durch das Medium sogar erleichtert - die Ablenkung durch Visuelles fällt weg. Telefoncoaching ist nach ihrem Verständnis allerdings ein zu lernendes Handwerk; die Ausbildung kombiniert klassische Coaching-Module mit Trainingsinhalten, die spezifisch für das Medium Telefon gelten. Telefoncoaching bedeute nicht “traditionelles Coaching reduziert auf die Audio-Ebene“, erläutert Baumeister. Coach und Klient müssten sich dabei auf eine neue Methode einlassen.

Telefon-Coaching: eine Variante mobilen Arbeitens

Natürlich hat das Medium Telefon nicht nur Vorteile. Es wird immer einen Kliententypus geben, welcher sich ausschließlich Präsenzcoaching vorstellen kann.  Menschen wie diese nehmen den Besuch in der Coachingpraxis wie die Reise auf eine Insel wahr, frei von den Belastungen des Arbeitsplatzes und frei vom „Stallgeruch“ des Zuhauses, buchstäblich ein Freiraum zur Entwicklung neuer Ideen. Gleichzeitig empfinden sie die Präsenzsituation als Schutzzone, in der Persönlichstes geäußert werden kann.

Tele- und Online-Coaches kennen allerdings eine technikaffine Klientel, die imstande ist, diesen Schutzraum zu virtualisieren. Digital Natives haben keine Probleme, bei Audio- oder Videotelefonie das Gefühl zu haben, „wirklich“ in Kontakt zu gehen. In einer zunehmend unbarmherzigen Arbeitswelt, in der Investition von Zeit ein immer teureres Gut wird und der Fokus auf Reduktion von Aufwänden (z.B. Fahrtzeiten) liegt, werden alle Formen von Fernberatung immer häufiger nachgefragt werden.

Spezifische Klientel: Expatriates

Ganz besonders gilt das für das internationale mobile Arbeiten. Berater mit außereuropäischer Klientel haben sich schon lange vom „9 to 5“-Denken verabschieden müssen. Denn 3 Uhr Stuttgart heißt: 10 Uhr Shanghai! Eine Zielgruppe, die beim besten Willen kein Präsenzcoaching am heimischen Standort buchen kann, sind "Expatriates". Als langfristig ins Ausland entsandte Mitarbeiter sind sie besonderen Stressfaktoren ausgesetzt. An unterstützendem Coaching hat daher in vielen Fällen der Arbeitgeber selbst ein Interesse, wie Kathrin Baumeister erlebt. Sie berät übrigens auch Angehörige von „Expats“. Nicht selten sind dies mitreisende Partnerinnen, welche selbst keine Arbeitserlaubnis bekommen. Ein Umstand der unzufrieden macht und nach neuer Sinngebung suchen lässt.

Digitalisierung: nicht der Feind des Individuums

Chancen und Fallen elektronischer Kommunikation genau zu kennen, entwickelt sich in Windeseile zur Standardanforderung an Berater. Mit Klienten das für sie medial tatsächlich Funktionierende herauszufinden, wird zur Erfolgsbedingung werden - zusammen mit Methoden, Coaching-Resultate messbar zu machen. Digitalisierung steht oft im Ruf, Individualität zu tilgen. Telefon-Coaching und „Blended Coaching“ (mit einem Mix von On- und Offline-Medien) besitzen das Potential, zur hochindividuellen Dienstleistung zu werden. Experimentieren lohnt sich also! Klienten lässt sich raten: fordern Sie Ihren Coach heraus, die für Sie optimalen Arbeitsbedingungen herauszufinden - inklusive der modernsten Möglichkeiten, welche die Beratungslandschaft heute bietet.

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