Es ist wieder soweit. Chinas 13. Fünfjahresplan (2016 – 2020) tritt in Kraft. Obgleich in (weiten) Teilen nach marktwirtschaftlichen Gesetzen organisiert, legt die politische Führung der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt ihre Ziele bis heute in Fünfjahresplänen fest. Der Plan gibt vor, welche Industriezweige, Sektoren und Branchen in den kommenden fünf Jahren und darüber hinaus im Mittelpunkt der Entwicklung Chinas stehen werden.

Chinas Fünfjahresplan tritt in Kraft

Wer seine Sozialisation zur Zeiten des Ost-West-Konfliktes durchlebt hat, für den ist die Assoziation ziemlich klar: Der Begriff Planwirtschaft gilt als Synonym für das offenkundige Versagen des Staates, seine Wirtschaft effizient zu organisieren und ein ausreichendes Angebot zu generieren.

Bewegt man sich dieser Tage durch die Glitzerwelten der Geschäfte chinesischer Metropolen wie Shanghai, Beijing (falls es nicht gerade im Smog versinkt), Xian und Chengdu oder reist man mit modernen Hochgeschwindigkeitszügen an Industrieparks vorbei, dann fällt es schwer zu glauben: China ist eine „Planwirtschaft!“
China: Marktwirtschaft - Planwirtschaft China: Marktwirtschaft - Planwirtschaft. Foto ©Dirk Müller 2015.

Doch geht es heute nicht mehr zu wie zu Zeiten Maos, um die Festsetzung von Preisen, Ressourcenzuteilungen oder Maßnahmen wie die Kollektivierung der Landwirtschaft. Als Begriffsrelikt aus planwirtschaftlichen Zeiten sind die heutigen, „modernen“ Fünfjahrespläne Chinas am ehesten als Regierungsprogramme analog den westlichen Demokratien zu verstehen. Sie enthalten die Zielvorgaben und Reformvorhaben, die bis zum Ende der fünfjährigen Periode erreicht sein sollten und im besten Fall übertroffen werden.

Fünfjahrespläne zeigen Chancen und Risiken für den Mittelstand auf:

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Ob es der Pekinger-Führung gelingt, noch vor dem 100. Geburtstag der Kommunistischen Partei Chinas im Jahr 2021 eine Gesellschaft mit moderatem Wohlstand aufzubauen, als auch die wirtschaftlichen Entwicklungs- und Transformationsziele des Plans als die großen Ziele zu erreichen, wird im Rahmen der derzeitigen Chinadebatte heftig diskutiert und soll in einem der kommenden Blogbeiträge näher beleuchtet werden. Immerhin gehen in einer Befragung deutscher Manager fast zwei Drittel davon aus, dass die avisierten Maßnahmen einen positiven oder sehr positive Effekte auf China haben werden.
Eigene Darstellung. Quelle: ZEW-PwC-Wirtschaftsbarometer China 01/2016

Fünfjahresplan – Langfristige Chinastrategie

Da sich das chinesische Wirtschaftsleben stark an den Vorgaben der Zentralregierung in Beijing orientiert, wird der 13. Fünfjahresplan zu einem der Indikatoren für das, was Unternehmen mit der Blickrichtung China als Markt und im Hinblick auf die Wettbewerbssituation erwarten können.

Der Fünfjahresplan weist in die Zukunft der chinesischen Wirtschaft auch über die Dauer der Planperiode hinaus, da viele der neuen Vorhaben sehr langfristig ausgerichtet sind.

Chinesische Unternehmen machen sich umgehend daran, die Zielvorgaben der Regierung, die in den Fünfjahresplänen klar kommuniziert sind, zum festen Bestandteil der eigenen Unternehmensstrategie zu machen. Das bedeutet, internationale Hersteller & Zulieferer orientieren sich ebenfalls am Fünfjahresplan mit dem Ziel, Teil der chinesischen Wertschöpfungsketten zu werden.

Der Fünfjahresplan gibt somit konkrete Hinweise auf aussichtsreiche Geschäftsfelder, die sich auftun, aber auch verschließen können (industriepolitischer Protektionismus, unfaire Wettbewerbsbedingungen für ausländische Anbieter). Er zeigt die Bereiche an, in denen mit einem weiteren Erstarken des chinesischen (und internationalen) Wettbewerbs zu rechnen ist.

Unternehmen, die auf dem chinesischen Markt nicht auf eine vorausschauende Strategie setzen, laufen Gefahr, sich bei der Vielzahl kleinteiliger, operativer Aufgaben zu verzetteln. Größte Aufmerksamkeit und Sorgfalt sollte darauf verwandt werden, eine Zukunfts- und Szenarioplanung zu betreiben, an der sich die Chinastrategie des Unternehmens für die kommende Dekade orientiert. Das VBU Kompetenzteam Mittelstand International und incorepro-consulting „China-Radar“ helfen Ihnen dabei.

Dirk Müller


Zum Autor: Dirk Müller (MBA, Dipl.-Pol.)
Partner im VBU-Kompetenzteam Mittelstand International (Focus China)
incorepro-consulting: Internationalisierung Fokus China

Der in Deutschland aufgewachsene und in der Schweiz lebende Autor Dirk Müller bewegt sich seit vielen Jahren zwischen den Kulturen. Verheiratet mit einer Chinesin, heißt täglich gelebte interkulturelle Kompetenz. Im Fokus seiner Beratungstätigkeit stehen Markt- & Trendanalysen (China-Radar), Marketing-Strategie sowie die Projektbegleitung vor Ort in China.